Schon als Kind entwickelte Ahmed Tayeche, 32, eine Liebe zu Deutschland. Nach dem Studium der Mechatronik in Tunis folgte Elektrotechnik in Wilhelmshaven, schließlich der Weg in die Informatik und zu PASS. Heute leitet Ahmed Tayeche das PASS Development Center Tunisia. Die Firma wurde 2023 als hundertprozentige Tochter von PASS gegründet. Die Kolleginnen und Kollegen in Tunis unterstützen in Kundenprojekten und arbeiten eng mit den Entwicklerinnen und Entwicklern in Deutschland zusammen.
Die Faszination und die Sympathie für Deutschland begannen für Ahmed, der seit Kurzem auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, bereits in jungen Jahren. Auch Autos haben daran einen großen Anteil. Bis heute schwärmt er von BMW und Mercedes, bewundert das Design, die Qualität und das Image. Als wir Ahmed vor einigen Wochen in Tunis besuchten, holte er uns mit seinem blitzblanken Mercedes vom Flughafen ab. Der Wagen bildete sofort einen Kontrast zu allen umliegenden Fahrzeugen, denn er war makellos sauber.
Bei einem seiner Aufenthalte in Deutschland haben wir Ahmed in der PASS Zentrale in Aschaffenburg wiedergetroffen und uns für ein Interview verabredet.
Ahmed, willkommen zurück in Aschaffenburg! Dass Du da bist, merken wir immer zuerst daran, dass viele Süßigkeiten von Masmoudi (Patisserie, bekannt für ihre tunesischen Spezialitäten) in den Küchen aufgestellt sind.
Ahmed Tayeche: „Ja, deren Baklava und Macarons sind die besten. Das möchte ich euch nicht vorenthalten! Manche Kollegen geben bei mir auch schon Bestellungen auf.“
Können wir bestätigen! Ahmed, innerhalb einer relativ kurzen Zeit ist das PASS Development Center in Tunisia beträchtlich gewachsen. Du bist der dortige Geschäftsführer. Wie sieht bei Dir ein typischer Arbeitstag aus?
Ahmed: „Mein Wecker klingelt um 7:30 Uhr, wir sind ja eine Stunde vor Deutschland. Dann gibt es erst einmal einen Kaffee und um 8:00 Uhr folgt mit Deutschland das tägliche Projektstatusmeeting. Ich arbeite ja zu je 50 % im Projekt und als Geschäftsführer. Im Anschluss fahre ich ins Büro, so umgehe ich den morgendlichen Berufsverkehr nach Tunis etwas und brauche „nur“ 1,5 Stunden. Hier treffe ich Kolleginnen und Kollegen und kümmere mich derzeit im Wesentlichen um Einstellungsgespräche und die damit verbundenen Formalitäten. Dann arbeite ich wieder am Projekt und am Abend brauche ich dann wieder 2 Stunden nach Hause.“
Das klingt nach einem langen Tag.
Ahmed: „Ja, schon, aber mittlerweile arbeite ich zu ca. 60 % von zu Hause, um die Fahrtzeiten zu verringern. Die meisten bei uns arbeiten den Großteil ihrer Arbeitszeit mobil, sodass wir uns vor allem für Meetings persönlich treffen – und für die Vorstellungsgespräche, das ist mir sehr wichtig.“
Wie kam das alles zustande: Du bei PASS und Deine Liebe zu Deutschland, dann schließlich die PASS Company in Tunis?
Ahmed: „Ich mochte Deutschland schon als kleiner Junge, vor allem die Autos – bis heute! Da war auch immer dieses Image, dass das Land technologisch fortschrittlich ist, das hat mich fasziniert. So begann ich schon als Schüler Deutsch zu lernen. Mein Traum war, dort zu studieren, doch bis dahin war es ein weiter Weg und zunächst sah es nicht danach aus, dass dies gelingt. So studierte ich zunächst in Tunis Mechatronik bis zum Diplom. Danach bewarb ich mich in Deutschland für ein Praktikum. Mein Diplom wurde hier zum Glück anerkannt.“
„Die Ausbildung bei uns in den Universitäten ist sehr gut, aber auch sehr hart.“
Ahmed Tayeche
Das spricht ja für die Hochschule in Tunesien! Es gibt viele Länder, deren Abschlüsse hier nicht anerkannt werden.
Ahmed: „Ja, die Ausbildung bei uns in den Universitäten ist sehr gut, aber auch sehr hart. Man hat als Student keine Zeit für einen Nebenjob, um Geld zu verdienen oder praktische Erfahrungen zu sammeln. Finanziell wird man nicht unterstützt. Ein Studentenwerk wie hier in Deutschland sucht man vergebens. Und wenn du durch eine Prüfung fällst, musst du alle Prüfungen noch einmal schreiben – auch die, die du bereits bestanden hast.“
Das ist sehr streng!
Ahmed: „Genau. Aber schließlich hatte ich mein Diplom in der Tasche und dann bewarb ich mich für ein Praktikum in Deutschland. Da sind dann einige Hürden zu überwinden, um das Visum zu erhalten. Des Weiteren wird ein Sperrkonto gefordert, auf dem ein Mindestbetrag angelegt sein muss. Damit soll garantiert werden, dass man seinen Lebensunterhalt in Deutschland auch bezahlen kann.“
Hat Deine Familie Dich bei deinem Vorhaben unterstützt, ins Ausland zu gehen?
Ahmed: „Ja, ohne meine Eltern wäre das nicht möglich gewesen. Ich rechne ihnen das sehr hoch an. Schließlich hätte das auch bedeuten können, dass ich für immer ins Ausland gehe, was sie sehr traurig fänden. Doch in dieser Sache waren sie immer an meiner Seite.“
Demnächst wirst Du offiziell deutscher Staatsbürger. Was bedeutet Dir das?
Ahmed: „Die Erfüllung eines Traums. Ich werde dann frei reisen können und muss nicht mehr darauf achten, wann ich wo wie lange sein werde. Darauf freue ich mich sehr. Meine Frau lebt in Frankreich, ihre Familie ist in Italien und Tunesien. Einer meine Brüder lebt in Deutschland. Mein Arbeitgeber ist ein deutsches Unternehmen und ich habe hier viele Freunde. Dennoch wird mein Lebensmittelpunkt Tunis bleiben.“
Was macht das Leben für Dich in Tunis attraktiv?
Ahmed: „(Lacht.) Das Essen, das Wetter und das Meer! Aber nicht nur. Wir haben sehr gut ausgebildete junge Leute, aber zu wenig interessante Jobs. Junge Menschen möchten Perspektiven und Tunis und Umgebung sind sehr lebenswert, auch wenn nicht alles so gut organisiert und sauber ist wie in Deutschland (schmunzelt).“
Über Deinen Bruder bist Du zu PASS gekommen und hast hier bei uns als Praktikant angefangen. Heute bist Du Geschäftsführer in Tunis. Was ist dazwischen passiert?
Ahmed: „Ich habe mich hier sofort wie zu Hause gefühlt. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen bei R&D war sehr familiär. Ich wusste, hier will ich weitermachen. Später wurde ich Certified Consultant und im Personalgespräch hat es auf mich einen starken Eindruck gemacht, dass Christian (Christian Schulz, Human Resources) mir das Karrieremodell zeigte und erklärte, dass ich hier alles werden kann, mir das alles offensteht. Als ich dann sah, PASS ist auch in den USA und in Indien vertreten, da überlegte ich, dass wir bei uns ja auch sehr gut ausgebildete junge Menschen haben, die gute Jobs suchen. Ich habe dann Gerhard (Gerhard Rienecker, Gründer und CEO von PASS) vorgeschlagen, in Tunis etwas aufzubauen und bin auf offene Ohren gestoßen.“
Wie gewinnst Du Leute für PASS in Tunis? Was sind wichtige Kriterien für die Absolventinnen und Absolventen dort?
Ahmed: „Ich erzähle den Kandidatinnen und Kandidaten, dass PASS ein deutsches Unternehmen ist und seit 1981 erfolgreich am Markt agiert. Das finden viele schon spannend. Dazu ist PASS international aktiv und hat weltweit Kunden. Das ist für viele wesentlich attraktiver als ein Start-up. Sie kommen hier in eine über viele Jahre gewachsene Unternehmensinfrastruktur. Sie werden direkt im Projekt eingearbeitet, nutzen moderne Entwicklungsverfahren und – ganz wichtig – sie können sich fachlich stark einbringen. Sie bekommen Verantwortung, wenn sie die entsprechenden Fähigkeiten mitbringen.“
Wie funktioniert es sprachlich? Ihr sprecht ja Arabisch und Amtssprache ist Französisch.
Ahmed: „Unter Informatikern ist Englisch verbreitet und manche sprechen – wie ich – sogar Deutsch. Das läuft prima. Was ich auch gut finde, ist, dass einige hier in Deutschland ihr Französisch aufbessern und sogar ein paar Worte Arabisch lernen, das reicht dann schon für „Hallo“ und „Auf Wiedersehen“! Die Teams bestehen ja immer aus Leuten in Deutschland und Tunesien, da sind alle sehr diszipliniert.“
Wo siehst Du PASS in Tunis perspektivisch?
Ahmed: „Wir möchten gerne weiter wachsen und auch in Tunesien bzw. auf dem afrikanischen Kontinent Kunden gewinnen und Projekte durchführen.“
Ahmed, zum Schluss würde mich interessieren, ob es etwas gibt, das Dir typisch deutsch vorkommt. Eine Erfahrung oder eine Verhaltensweise.
Ahmed: „Kein Tempolimit auf Autobahnen. Ganz klar, dass es hier überall sauber ist und alles ist schön hergerichtet, es sieht so ordentlich aus. Spontan fällt mir noch ein, dass ich einen Strafzettel über 15 Euro dafür bekommen habe, dass ich entgegen der Fahrtrichtung geparkt habe. Also das kann ich nicht verstehen.“
Was ist die neueste Vokabel, die Du auf Deutsch gelernt hast?
Ahmed: „Absturzsicherung!“
Ein durch und durch deutsches Wort. Ahmed, ich danke Dir für das Gespräch!
Bilder: PASS, Shutterstock